Im Forschungsprojekt Antrieb 4.0 steht die Sicherstellung von Interoperabilität und die Etablierung gemeinsamer Standards für elektrische Antriebe im Fokus. Aktuell dominieren proprietäre Antriebslösungen verschiedener Hersteller den Markt. Das Forschungsprojekt strebt durch die Einrichtung eines gemeinsamen Datenraums nicht nur an, die Zugänglichkeit und Transparenz der Daten zu verbessern. Es möchte auch die Grundlage für zukunftsfähige Geschäftsmodelle schaffen. Die Auswahl der zu implementierenden Anwendungsfälle erfolgte durch einen ergebnisoffenen Ansatz und die Analyse der Nutzeranforderungen.
Die enge Verzahnung mit der Industrie stellt einen ökonomischen und ökologischen Mehrwert sicher. Außerdem bietet sie vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) erhebliche Wettbewerbsvorteile. Das intensive Auswahlverfahren ergab, dass die beiden Use Cases „Ganzheitliche energieeffiziente Auslegung von Antriebslösungen“ und „Digitalisiertes Asset Management“ die aktuellen Bedarfe der Unternehmen abdecken.
Während der Projektlaufzeit entwickeln sich innovative Ansätze zur Verbesserung der Energieeffizienz von Antrieben. So lassen sich Voraussetzungen für eine umfassende digitale Verwaltung und Überwachung von Antriebskomponenten und -systemen schaffen.
Zwei Use Cases ausgewählt
„Die Berücksichtigung der vielfältigen Perspektiven im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk war ein entscheidender Faktor bei der Auswahl der Use Cases”, erklärt Dr. habil. Tassilo Schuster vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS. „Am Anfang der Entscheidungsfindung stand die Identifizierung möglicher Use Cases mit dem größtmöglichen Nutzen für die Industrie im Vordergrund. Es folgten weitere Definement-Workshops und Expertengespräche, in denen es auch um den Blickwinkel der wissenschaftlichen Neuartigkeit ging. Am Schluss führten wir eine Online- Umfrage unter namhaften Antriebsherstellern, Maschinen- und Anlagenbauern sowie Anlagenbetreibern durch, die uns schließlich zu dem Ergebnis der zwei Use Cases führte.”
Das aufwändige Auswahlverfahren stellt eine hohe Praxisrelevanz sicher und zeigt die Mehrwerte für die Industrie auf. In anderen Forschungsprojekten wurden die für das Projekt relevanten Use Cases bereits vor Projektbeginn im Förderantrag festgelegt. Im vorliegenden Projekt wurden sie jedoch erst mit Projektbeginn und im engen Dialog mit der Zielgruppe vollständig auf die Bedürfnisse der Industrie ausgerichtet. Damit sollen bestehende Prozesse in Unternehmen nicht nur verbessert, sondern Kosteneinsparungen und Wettbewerbsvorteile für das produzierende Gewerbe, insbesondere KMUs, entstehen. Gleichzeitig sind zirkuläre Ansätze zur Verbesserung der Nachhaltigkeit möglich.
Ökonomischer und ökologischer Mehrwert
„Ganzheitliche energieeffiziente Auslegung von Antriebslösungen“ und „Digitalisiertes Asset Management“ heißen die beiden ausgewählten Schlüssel-Use Cases. Das digitalisierte Asset Management verspricht Anlagenherstellern und -betreibern den Überblick über eine immer komplexer werdende Anlagenstruktur zu behalten. Alle wichtigen Informationen eines Assets stehen über einen gesamten Lebenszyklus an zentraler Stelle und in einem standardisierten Format zur Verfügung. Nur autorisierte Akteure im Ökosystem haben dazu einen Zugang.
Die Beseitigung von Informationsasymmetrien trägt dazu bei,
- die Effizienz des Antriebssystems einer Anlage zu verbessern,
- Stillstandzeiten zu reduzieren, die Sicherheit zu verbessern,
- den Lebenszyklus zu verlängern und
- zirkuläre Strategien zu ermöglichen.
Im zweiten Use Case geht es um die Möglichkeit für Anlagenhersteller, Antriebssysteme für ein vom Betreiber vorgegebenes Last- und Bewegungsprofil durch die Kombination von Antriebskomponenten unterschiedlicher Hersteller möglichst energieeffizient auszulegen.
Für das vorgegebene Last- und Bewegungsprofil und die ausgewählte Konfiguration des Antriebssystems lassen sich Energieverbräuche prognostizieren und während der Inbetriebnahme verifizieren. Die verifizierten Prognosen für den Energieverbrauch ermöglichen einen kontinuierlichen Abgleich mit den aktuellen Energieverbräuchen im laufenden Betrieb. Auf diese Weise ist eine frühzeitige Erkennung von Anomalien möglich. Gleichzeitig können dem Antriebshersteller Betriebsdaten zur Verfügung gestellt werden, um die Entwicklung der Antriebstechnologie zu optimieren. Im nächsten Projektabschnitt werden die technischen Vorgaben für die Systemkomponenten aus den Nutzeranforderungen der Use Cases abgeleitet, was den Beginn der technischen Konzeptionierungs- und Umsetzungsphase markiert.