Die PFAS-Chemikalien stehen zunehmend im Fokus der Kritik. In den USA wird ab 2026 eine Meldepflicht eingeführt, und in Europa wird seit Anfang des letzten Jahres sogar ein weitreichendes Verbot dieser Stoffgruppe über verschiedene Branchen hinweg diskutiert. Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik untersucht nun die potenziellen Auswirkungen eines solchen Verbots.
Ab Januar 2026 tritt in den USA eine Meldepflicht für Unternehmen in Kraft, die in den Jahren 2011 bis 2022 PFAS produziert haben oder PFAS, PFAS-haltige Halbzeuge oder Produkte in die USA importierten. Darüber hinaus beginnen einzelne US-Bundesstaaten, den Einsatz von PFAS entweder einzuschränken oder eine Meldepflicht vorzuschreiben. Die Anforderungen und Fristen sind dabei von Bundesstaat zu Bundesstaat sehr unterschiedlich.
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) legte am 7. Februar 2023 einen Entwurf für ein umfassendes Verbot von PFAS vor. Unternehmen und Organisationen hatten bis Ende September 2023 die Möglichkeit, Stellungnahmen zu den potenziellen naturwissenschaftlichen und sozioökonomischen Auswirkungen dieses Gesetzes abzugeben. Über 4.400 Akteure nutzten diese Gelegenheit und reichten mehr als 5.600 Kommentare sowie zusätzliche Informationen ein. Mit Frankreich hat im April dieses sogar ein erstes EU-Land ein zukünftiges Verbot der PFAS-Chemikalien beschlossen.
Verzicht auf PFAS ginge mit Qualitätseinbußen einher
Die nun veröffentlichte Studie mit dem Titel „Replacement of Polymeric PFAS in Industrial Applications with Harsh Environments“ verdeutlicht die derzeitige Unverzichtbarkeit vor allem von Fluorpolymeren in der Dichtungsindustrie. Die Stoffe kommen in zahlreichen Anwendungsbereichen zum Einsatz, darunter Kompressoren, Motoren, Getriebe, Antriebssysteme sowie in der Hydraulik und der Nahrungs- und Getränkeindustrie.
Fluorpolymere sind häufig der Werkstoff der Wahl, wenn der Dichtungswerkstoff mehrere Anforderungen erfüllen muss: beispielsweise eine hohe Hochtemperaturbeständigkeit und die Verträglichkeit mit Schmierstoffen, oder die Erfüllung der Anforderungen an einen Werkstoff mit Lebensmittelkontakt, eine hohe Beständigkeit gegen aggressive Reinigungsverfahren und eine geringe Neigung zur Aufnahme und Übertragung von Aromen. Fluorpolymere sind aber auch kostspielige Werkstoffe, die in der Regel nur dann eingesetzt werden, wenn ihre Leistung nicht durch andere, billigere Polymere erreicht werden kann.
Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass ein vollständiger Ersatz von PFAS in der Dichtungsindustrie derzeit nicht möglich ist, ohne signifikante Einbußen bei den Materialeigenschaften, der Leistungsfähigkeit und der Produktlebensdauer in Kauf zu nehmen. Angesichts der Vielfalt von über 10.000 verschiedenen PFAS-Verbindungen plädieren sie für eine differenzierte, faktenbasierte Diskussion über die Regulierung dieser Stoffklasse.
Hersteller suchen nach Ersatzstoffen
Dr. Raimund Jaeger, Referent des Geschäftsfeldes Tribologie am Fraunhofer IWM, erläutert: „Aus unserer Sicht ist die Lebenszyklusbetrachtung der als ‘Polymere von geringer Besorgnis‘ geltenden Fluorpolymere eine plausible Methode, um zu einer realistischen Einschätzung einer potenziellen Gefährdung für Mensch und Umwelt zu gelangen.
Alle an dieser Studie beteiligten Interessengruppen sind sich einig, dass eine sichere Herstellung und Entsorgung von polymeren PFAS unerlässlich ist. Solange sorgfältig darauf geachtet wird, schädliche Umweltauswirkungen zu vermeiden, sollte die Verwendung von Fluorpolymeren in der Industrie weiterhin möglich sein.“
Ein verbindlicher Zeitplan für die Einführung einer europäischen Regelung steht derzeit noch aus. Dennoch bereitet sich die Industrie bereits auf mögliche Veränderungen vor. Bei vielen Dichtungsherstellern läuft die Suche nach Ersatzstoffen trotz der aktuellen Unverzichtbarkeit Fluorpolymeren auf Hochdruck.