Die Covid-19-Pandemie hat der Digitalisierung in Deutschland entgegen der allgemeinen Wahrnehmung nicht den erhofften Schub verliehen, wie eine Befragung des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim ergab. Zwar investierten Unternehmen verstärkt in Technologien, die Homeoffice und virtuelle Zusammenarbeit ermöglichen, gleichzeitig jedoch verringerten sich die Ausgaben für fortschrittliche Produktionsmittel, moderne Analyse- und Planungstools sowie digital unterstütztes Kundenmanagement. Insbesondere größere Projekte wurden aufgeschoben oder sogar komplett eingestellt.
Dies zeigt eine Studie, die gemeinsam von ZEW Mannheim, dem Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA), dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER) und weiteren Forschungseinrichtungen auf Basis einer repräsentativen Unternehmensbefragung erstellt wurde.
Investitionstätigkeit ging mit der Pandemie zurück
„Einerseits halfen diese pandemiebedingten Investitionen den Unternehmen, negative Folgen der Pandemie abzumildern. Sie konnten die Homeofficenutzung stärker ausdehnen und nahmen weniger Kurzarbeit in Anspruch. Diese Anpassungsinvestitionen gingen jedoch zu Lasten anderer Technologieinvestitionen, was möglicherweise zum aktuell schwachen Produktivitätswachstum in Deutschland beiträgt“, erklärt Prof. Dr. Melanie Arntz, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen“ und Ko-Autorin der Studie.
So wurde ein Großteil der Investitionen in moderne digitale Technologien vor der Pandemie getätigt, während die Investitionstätigkeit mit der Pandemie insgesamt zurückging. Die pandemiebedingte Investitionslücke beläuft sich dabei auf etwa 50 %. Damit brachte die Pandemie entgegen der öffentlichen Wahrnehmung keinen Digitalisierungsschub, sondern warf die Technologieentwicklung in Deutschland sogar um knapp 1,5 Jahre zurück.
Ukrainekrieg sorgt für weiteren Aufschub
Für die Zeit nach der Pandemie prognostiziert Arntz auf Grundlage der Studienergebnisse: „Wir vermuten, dass der unmittelbar nach der Pandemie auftretende Energiepreis- und Unsicherheitsschock wegen des Krieges in der Ukraine in Deutschland dazu beigetragen hat, größere Investitionen auch nach Abklingen der Pandemie weiter aufzuschieben. Für das Produktivitätswachstum in Deutschland und die Erholung der Wirtschaft sind dies keine guten Voraussetzungen.“
Rund 3.000 deutsche Betriebe nahmen an der neuen repräsentativen „Betriebsbefragung IAB-ZEW-Arbeitswelt 4.0“ (BIZA II) teil, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wurde. Diese vergleicht die Nutzung modernster digitaler Technologien in deutschen Betrieben zwischen 2016 und 2021. Damit werden moderne Produktionsmittel wie sich selbst steuernde Maschinen und Anlagen ebenso erfasst wie etwa Analysetools mit Big Data, Cloud-Computing-Systeme, Kollaborations- und Kommunikationstools sowie Künstliche Intelligenz.
Weitere Informationen gibt es unter www.zew.de.