Tobias Weimann, Mitglied der Geschäftsleitung bei Goetze KG Armaturen und Vorsitzender des Wirtschaftsausschuss Industriearmaturen im VDMA, im Interview mit der Fachzeitschrift IAD Industriearmaturen & Dichtungstechnik über ein mögliches PFAS-Verbot
Wo kommt PFAS bei Industriearmaturen überall zum Einsatz?
Tobias Weimann: Tatsächlich sind die meisten Komponenten der Armaturen aus Metall gefertigt. Das heißt, es sind eigentlich nur recht wenige Teile einer Armatur tatsächlich betroffen. Bei PFAS geht es hauptsächlich um die Dichtwerkstoffe, das heißt um die Werkstoffe der Weichdichtungen – hier insbesondere also um PTFE, FKM und FFKM.
Produzieren Sie diese Dichtwerkstoffe selber oder kaufen Sie sie ein?
Tobias Weimann: Fast kein Hersteller von Industriearmaturen produziert die Dichtwerkstoffe selber – wir daher auch nicht. Dafür gibt es spezielle Dichtungshersteller, die sich mit den Dichtwerkstoffen besser auskennen. Aber wir sind natürlich dabei, mit unseren Partnern und unseren Lieferanten für Dichtwerkstoffe, alle Dichtwerkstoffe, die heute schon verfügbar sind, aktiv zu testen. Sprich, wir testen die Eigenschaften und die Dichtungen auch in den Armaturen.
Gibt es bereits Alternativen zu PTFE, FKM und FFKM?
Tobias Weimann: Die Dichtwerkstoffe, die aktuell in Industriearmaturen zum Einsatz kommen, können aus meiner Sicht nicht vergleichbar ersetzt werden. Entweder hat man mit alternativen Werkstoffen ein Temperaturproblem oder ein Dichtigkeitsproblem. PTFE zeichnet sich zum Beispiel durch seine hohe Temperaturresistenz und seine sehr hohe Dichtheit aus. Und am Ende muss eine Armatur eben dicht sein! Der Markt ist aber sehr dynamisch und es kommen immer wieder neue Innovationen bei Materialien der Dichtwerkstoffe auf den Markt. Wir können also nur hoffen, dass möglichst schnell alternative Werkstoffe mit ähnlich guten Eigenschaften entwickelt werden.
Aber ohne diese Alternativen und wenn dann das PFASVerbot käme, stünden schwere Zeiten bevor?
Tobias Weimann: Das hängt immer auch davon ab, was genau die PFAS-Beschränkungen beinhalten. Darf PFAS in Europa nicht mehr als Werkstoff eingesetzt werden? Darf ich als europäischer Hersteller Produkte mit PFAS nicht mehr vertreiben? Da sehe ich die Gefahr, dass wir uns als europäische Hersteller vom Weltmarkt abschotten. Und auf lange Sicht führt das dann dazu, dass mehr und mehr Unternehmen darüber nachdenken werden, ob sie ihre Produktion ins Ausland – sprich nach Nordamerika oder Asien – verlagern, wo es dann nicht diese strikten PFAS-Beschränkungen gibt. Der Wettbewerb in der Industriearmaturenbranche ist sehr international ausgerichtet, sodass die europäischen Hersteller bei einem beschlossenen PFAS-Verbot deutliche Wettbewerbsnachteile hätten.
Inwieweit könnte es helfen, wenn es bei den PFASBeschränkungen auch Ausnahmen geben würde?
Tobias Weimann: Es wird Ausnahmen geben. Ausnahmen sind in der Hinsicht sinnvoll, wenn es keine Alternative gibt. Aber auch da müssen die Regeln klar formuliert werden. Vielleicht gibt es bald einen alternativen Dichtwerkstoff für Industriearmaturen – der kostet dann aber fünfmal so viel wie eine PFAS-Dichtung. Das hätte dann ebenfalls wieder Wettbewerbsnachteile zur Folge, denn die Produktionskosten würden steigen. Ich hoffe einfach, dass bei allen Beratungen zu diesem Thema auch diese für den Wirtschaftsstandort sehr wichtigen Faktoren berücksichtigt werden. Denn ansonsten sehe ich für die Industriearmaturen- und Dichtungstechnikbranche in Deutschland und Europa schwarz.
Droht dann eine große Abwanderungswelle in Nicht-EU-Länder und somit sogar der Zerfall der europäischen Industriearmaturenbranche?
Tobias Weimann: Ich hoffe es nicht, aber die Gefahr besteht durchaus. Wir als Goetze Armaturen stehen zum Standort Deutschland. Das untermauern wir aktuell mit dem Neubau unseres Hauptsitzes in Ludwigsburg, für den wir mehr als 30 Millionen Euro investieren. Dies sehen wir als klares Signal an unsere Mitarbeiter, da wir trotz ungewisser Zeiten weiterhin an unserer Ausrichtung als Familienunternehmen festhalten.
Sie engagieren sich beim VDMA als Vorsitzender des Wirtschaftsausschuss Industriearmaturen und bekommen da ja auch so ein bisschen die Stimmung der Industriearmaturenbranche mit. Herrscht dort Verunsicherung aufgrund eines möglichen PFAS-Verbotes?
Tobias Weimann: Wir haben in Deutschland wirklich eine tolle Armaturenindustrie – angefangen von den großen Herstellern bis hin zu Mittelständlern oder kleinen Betrieben. Doch ich höre immer häufiger, dass Unternehmen mit der Digitalisierung, der wachsenden Bürokratie, den ganzen Restriktionen und Auflagen heute schon überfordert sind. Wenn da jetzt auch noch ein PFASVerbot kommen würde, würden das einige Hersteller sicherlich nicht überleben. Wir legen uns hier als Standort selbst Steine in den Weg, wenn wir immer weiter reglementieren und regulieren.
Glauben Sie, dass es zu einem PFAS-Verbot kommen wird?
Tobias Weimann: Ja, es wird definitiv PFAS-Beschränkungen geben. Und das ist ja auch in gewisser Hinsicht richtig, denn die gesundheitsschädlichen Auswirkungen lassen sich nicht wegdiskutieren. Es sollte aber genau geprüft werden, wo überall ein PFAS-Verbot gilt. Gerade bei Konsumgütern wie Regenjacken, Pfannen oder Kosmetika müssen die Menschen geschützt werden. Aber bei Schutzkleidung für die Feuerwehr oder in Industrieanlagen sind die PFAS-Dichtwerkstoffe unverzichtbar. Deshalb sollte bei der Entscheidung über ein Verbot mit Bedacht und Weitsicht entschieden werden.