GET H2 Nukleus: Wasserstoff für die Chemieindustrie

Bis 2030 will bp seine Raffinerie in Lingen in ein „integriertes Energiezentrum” umwandeln, das neben Biokraftstoffen auch grünen Wasserstoff produziert. Über 500 MW soll die Kapazität langfristig betragen. Für den Umbau rechnet bp mit einem mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbetrag.

In der Initiative GET H2 versuchen über 50 Partner aus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft, eine Wasserstoffinfrastruktur im Dreieck zwischen Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und den Niederlanden aufzubauen. Insbesondere die Chemieindustrie zwischen Lingen und Duisburg will mit Hilfe von selbstproduziertem und importiertem grünen Wasserstoff ihre Prozesse dekarbonisieren. Das wichtigste Projekt der Initiative ist GET H2 Nukleus. Die daran beteiligten Partner, darunter mehrere internationale Großkonzerne, haben in der letzten Zeit wichtige Fortschritte erzielt. Auch deshalb gilt das Projekt als eines der derzeit ambitioniertesten in der Bundespublik. Lesen Sie hier, wieso das so ist und warum insbesondere Hersteller von Industriearmaturen GET H2 Nukleus im Auge behalten sollten.

Get H2 Nukleus ist ein Projekt von sechs Partnern der Initiative GET H2. Beteiligt sind der britische Chemie- und Mineralölkonzern bp, das Chemieunternehmen Evonik Industries mit Sitz in Essen, der ebenfalls in Essen ansässige Energieversorger RWE Generation sowie die Gasnetzbtreiber Nowega und OGE. Ihr Ziel ist, gemeinsam eines der ersten integrierten Wasserstoffprojekte inklusive öffentlich zugänglicher Infrastruktur aufbauen.

Das Projekt GET H2 Nukleus verbindet dabei die Erzeugung von grünem Wasserstoff mit der Abnahme durch Industriebetriebe in Niedersachsen und NRW. Das rund 130 km lange Netz von Lingen bis Gelsenkirchen soll das erste Wasserstoffnetz im regulierten Bereich mit diskriminierungsfreiem Zugang und transparenten Preisen werden. Die Bausteine des GET H2 Nukleus sind für die Förderung als IPCEI (Important Project of Common European Interest) vorgesehen. Zudem soll das GET H2 Netz ein Bestandteil des von den deutschen Fernleitungsnetzbetreibern geplanten Wasserstoff-Kernnetzes werden.

2025: Erste Wasserstoffproduktion

In Phase 1 des Projekts will RWE Generation im niedersächsischen Lingen grünen Wasserstoff aus Windstrom erzeugen. Dafür soll am konzerneigenen Kraftwerksstandort eine Elektrolyseanlage mit einer Gesamtleistung von 300 MW installiert werden, wobei der erste Schritt bis 2025 eine Kapazität von 100 MW umfasst. Die hierfür notwendige Genehmigung erteilte das zuständige Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg Anfang September, nachdem es den 2.250 Seiten starken Antrag zuvor sieben Monate lang geprüft hatte.

Um den Transport von 100 Prozent Wasserstoff zu ermöglichen, werden zudem bestehende Gasleitungen der Fernleitungsnetzbetreiber Nowega und OGE entsprechend umgerüstet. Nowega wird die Elektrolyseanlage in Lingen über eine neu errichtete Leitung an die Hauptleitung in Richtung Ruhrgebiet anschließen. Gleichzeitig will Evonik einen Teilneubau zwischen dem Chemiepark Marl und der Ruhr Oel Raffinerie der bp in Gelsenkirchen realisieren.

Diese Infrastruktur soll dazu dienen, den klimafreundlichen Rohstoff zu industriellen Abnehmern zu transportieren. Unternehmen wie Evonik wollen den grünen Wasserstoff in ihren Produktionsprozessen einsetzen und versprechen sich davon erhebliche Reduzierungen ihrer CO2-Emissionen. In einem weiteren Schritt werden Nowega und OGE durch einen Neubau die Gasspeicher der RWE Gas Storage West in Gronau-Epe anbinden, um einen neuen Kavernenspeicher speziell für Wasserstoff zu schaffen.

2026: Weitere Ausbauschritte

Im Jahr 2026 will das Projektkonsortium dann in der Umgebung von Lingen den nächsten Schritt in Richtung grüner Wasserstoffproduktion und -infrastruktur gehen. Das Projekt "Lingen Green Hydrogen" von bp sieht den Aufbau einer zweiten Elektrolyseanlage mit einer Leistung von 100 MW vor, die nahtlos in das bestehende Wasserstoffnetz integriert werden soll. Diese Anlage soll dann nicht nur die lokale Infrastruktur stärken, sondern auch die angrenzende bp-Raffinerie mit grünem Wasserstoff versorgen. Dieser soll den grauen, mit fossiler Energie erzeugten Wasserstoff ersetzen, der dort momentan zum Einsatz kommt.

Die Pläne für den Ausbau der Infrastruktur beinhalten des Weiteren die Errichtung einer neuen Verbindungsleitung zwischen den Standorten Dorsten und Marl. Dieses Schlüsselelement, das die Netzbetreiber OGE und Nowega gemeinsam realisieren wollen, schafft eine zusätzliche Anbindung für den Chemiepark der Evonik in Marl. Nowega geht noch einen Schritt weiter, indem eine Leitung speziell für den Transport von Wasserstoff umgerüstet wird – eine Maßnahme, die der perspektivischen Integration des Stahlwerks der Salzgitter AG in das Wasserstoffnetz dienen kann.

Parallel dazu ist geplant, dass ab 2026 der Wasserstoffspeicher der RWE Gas Storage West in Gronau-Epe in Betrieb geht. Die Speicherung von Wasserstoff wird dabei als entscheidender Baustein für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und die langfristige Speicherung erneuerbarer Energien betrachtet. Außerdem wird die Elektrolyseanlage von RWE in Lingen im Zuge dieser Entwicklungen auf eine Gesamtleistung von 200 MW erweitert.

2027: Integration mit den Niederlanden und Einstieg von Salzgitter

Bis 2027 erwartet das Konsortium weitere Großmaßnahmen zur Erweiterung der Wasserstoffinfrastruktur und Sicherstellung der Wasserstoffversorgung. Zudem soll das Netz maßgeblich vergrößert werden.

Die Integration bis zur niederländischen Grenze wird durch die Umstellung von Gasleitungen zwischen Kalle, Ochtrup und Vlieghuis auf den Transport von 100 % Wasserstoff durch das Dortmunder GET H2-Mitglied Thyssengas realisiert. Dieser Schritt ermöglicht die Verbindung zum niederländischen Wasserstoffnetz Hynetwork, das dem Netzbetreiber Gasunie gehört. Es soll Deutschland, die Niederlande, Belgien und Frankreich verknüpfen und den Hafen Rotterdam als wesentlichen Importpunkt einbeziehen.

Zudem soll im Stahlwerk der Salzgitter AG 2027 ein 100 MW Elektrolyseur in Betrieb sein, der mit Strom aus Windenergie versorgt wird. Er ist Teil des SALCOS-Projekts, der Dekarbonisierungsinitiative der Salzgitter AG, die darauf abzielt, die Stahlproduktion durch schrittweise Umstellung auf mit grünem Wasserstoff betriebene Direktreduktion klimafreundlicher zu gestalten.

Die neue Leitung von Dorsten nach Hamborn von OGE und Thyssengas schafft dabei eine zusätzliche Verbindung in Richtung Ruhrgebiet. Sie ist entscheidend, um das Stahlwerk von ThyssenKrupp anzubinden, welches ebenfalls seine Produktion auf mit Wasserstoff betriebene Direktreduktionsanlagen umstellt, die mit Wasserstoff betrieben werden.

Zu guter Letzt soll die Elektrolyseanlage der RWE in Lingen 2027 auf 300 MW erweitert werden.

Die TRI-CON Serie des Herstellers Zwick erfüllt die Anforderungen für den Durchfluss von Wasserstoff. Sie finden das Unternehmen u.a. auf der Valve World Expo in der Messe Düsseldorf

2030: Integration der Komponenten

Der finale Schritt bis 2030 beinhaltet die Einbindung der Salzgitter AG über vorhandene Gasleitungen der Nowega, die speziell für den Wasserstofftransport umgerüstet werden. Die Umstellung ermöglicht eine nahtlose Integration der Salzgitter AG in das bestehende Wasserstoffnetzwerk. Durch die Verwendung von grünem Wasserstoff in Raffinerien, der Stahlproduktion und für weitere industrielle Anwendungen weist das Gesamtprojekt bis 2030 ein CO2-Vermeidungspotenzial von bis zu 16 Mio. Tonnen auf.

Die Projekterweiterung durch Partnerschaften aus dem Verkehrssektor und für die flächendeckende Verteilung von grünem Wasserstoff ist bereits in der Vorbereitungsphase. Mehrere Partner der GET H2-Initiative haben darüber hinaus Interesse an der Förderung im Rahmen der IPCEI für Projekte der am 15. Februar von der EU-Kommission genehmigten Hy2Infra-Wellte bekundet, die den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur zum Ziel haben.

GET H2 Nukleus: Eine Blaupause für die Industriearmaturenbranche

Das GET H2 Nukleus-Projekt besitzt für deutsche Industriearmaturenbauer den Charakter einer Blaupause und bietet vielversprechende Möglichkeiten für die verstärkte Nutzung von grünem Wasserstoff in der Industrie. Sowohl der Aufbau einer umfassenden Wasserstoffinfrastruktur zwischen verschiedenen Standorten der chemischen Industrie als auch die Nutzung dieses Wasserstoffs in den lokalen Prozessen eröffnet Armaturenbauern, deren Produkte H2-ready sind, neue Absatzmöglichkeiten.

Die verstärkte Integration von grünem Wasserstoff in industrielle Prozesse, beispielsweise in der Stahl- oder Chemieindustrie, erfordert fortschrittliche Armaturen und Ventiltechnologien. Hersteller, die innovative Lösungen für die sichere und effiziente Handhabung von Wasserstoff entwickeln können, haben die Gelegenheit, sich als Schlüssellieferanten in diesen Märkten zu positionieren.

Da viele Industrieunternehmen vermehrt auf umweltfreundliche Standards setzen, könnten Armaturenbauer, die spezielle Produkte für die Wasserstoffverarbeitung entwickeln, ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. GET H2 Nukleus könnte daher die Motivation für Industriearmaturenbauer erhöhen, an Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten teilzunehmen, um innovative Lösungen zu entwickeln, die den spezifischen Anforderungen der Wasserstoffindustrie gerecht werden.

Die aktive Beteiligung an Projekten wie GET H2 Nukleus könnte deutschen Industriearmaturenbauern dabei helfen, ihre Position als Vorreiter in der Wasserstofftechnologie zu stärken und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit in einem wachsenden Markt zu festigen. Insgesamt eröffnet die Ausrichtung auf grünen Wasserstoff durch GET H2 Nukleus vielversprechende Chancen für Industriearmaturenbauer, ihre Produkte und Technologien an die Bedürfnisse der sich wandelnden Industrielandschaft anzupassen.

Mehr über die Nutzung von Industriearmaturen mit Wasserstoff erfahren Sie vom 3. bis 5. Dezember auf der Valve World Expo in der Messe Düsseldorf!

Offizielle Projektseite

https://www.get-h2.de/geth2-projekte/