Klebefreie Dichtungssysteme – Technologische Entwicklung für erhöhte Sicherheit und Nachhaltigkeit

Lamellendichtung LE-SAFE von IDT für dreifach-exzentrische Absperrklappen (Bildquelle: IDT Dichtungstechnik)

Der Einsatz von Klebstoffen in der industriellen Dichtungstechnik ist weit verbreitet, bringt jedoch zunehmend sicherheitsrelevante, hygienische und ökologische Herausforderungen mit sich. Neue technische Ansätze zeigen, dass sich diese Problematiken durch konstruktive Änderungen vermeiden lassen – insbesondere durch den vollständigen Verzicht auf Klebstoffe. Der folgende Beitrag beleuchtet die Hintergründe, technologischen Details und Einsatzmöglichkeiten klebefreier Dichtsysteme.

Die Herstellung industrieller Dichtungen steht zunehmend im Fokus sicherheitstechnischer, hygienischer und umweltbezogener Anforderungen. In der konventionellen Fertigung von Verbunddichtungen kommen häufig Klebstoffe zum Einsatz, die als Haftvermittler zwischen metallischen Trägermaterialien und Weichstoffen wie Graphit dienen. Diese Praxis ist jedoch mit einer Reihe technischer und sicherheitsrelevanter Nachteile verbunden. Klebstoffe bestehen in der Regel aus kohlenwasserstoffhaltigen Bestandteilen und enthalten zusätzliche Substanzen wie Treibgase.

Dichtungsvergleich einer Kammprofildichtung geklebt vs. LE-SAFE (Bildquelle: IDT GmbH)

Technische Herausforderungen beim Einsatz von Klebstoffen

In Prozessen, bei denen Reinheit, chemische Stabilität oder thermische Belastbarkeit entscheidend sind, kann dies zu erheblichen Problemen führen.

In Bereichen wie der Lebensmittel- oder Pharmaindustrie besteht die Gefahr, dass durch Klebstoffe unerwünschte Substanzen in das Endprodukt gelangen. Auch bei Anwendungen mit reinem Sauerstoff oder oxidierenden Medien besteht ein erhöhtes Risiko, da einige Klebstoffe unter bestimmten Bedingungen zu Selbstentzündung neigen. Darüber hinaus können bei Kontakt mit metallischen Komponenten Korrosionsprozesse ausgelöst werden, die sich negativ auf die Integrität der Dichtung auswirken. Die Alterung und begrenzte Temperaturbeständigkeit mancher Klebstoffe kann außerdem die Lebensdauer der Dichtung verkürzen und zu ungeplanten Wartungsmaßnahmen oder Ausfällen führen.

Die klebstofffreie Verbindungstechnologie stellt eine technische Weiterentwicklung im Dichtungsbereich dar. (Bildquelle: AdobeStock / Vlyaks)

Klebefreie Verbindungstechnologie als Lösungsansatz

Ein technischer Ansatz, der auf die Verwendung von Klebstoffen vollständig verzichtet, wurde mit der Entwicklung eines klebefreien Dichtungssystems umgesetzt. In diesem System werden metallische Träger mechanisch mit Reingraphit verbunden. Die Verbindung erfolgt ohne den Einsatz von chemischen Haftvermittlern und bleibt dennoch stabil gegenüber mechanischer Beanspruchung und thermischen Belastungen. Die Dichtheit, das Verformungsverhalten sowie die mechanischen Eigenschaften der so hergestellten Dichtungen entsprechen denen konventionell geklebter Systeme. Gleichzeitig zeigen sich Verbesserungen bei Setzbeträgen und Relaxationsverhalten, wodurch das Verhalten der Dichtung über längere Zeiträume stabil bleibt.

Die Konstruktion solcher Dichtungen erlaubt ihre Verwendung auch in sensiblen Anwendungen wie etwa sauerstoffführenden Systemen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung hat das Reaktionsverhalten gegenüber Sauerstoff untersucht und bestätigt, dass keine erhöhten Risiken durch das Dichtungssystem entstehen. Die Temperaturstabilität des eingesetzten Graphitmaterials entspricht der von reiner Graphitfolie, was durch thermogravimetrische Analysen bestätigt wurde. Damit ist der Einsatz in Hochtemperaturanwendungen oder unter stark schwankenden Temperaturbedingungen ebenfalls möglich.

Ein weiterer Aspekt betrifft die Nachhaltigkeit und das Materialmanagement. Der Verzicht auf Klebstoffe erleichtert die Trennung der verwendeten Materialien am Ende der Produktlebensdauer, was insbesondere im Hinblick auf Recycling- und Entsorgungskonzepte von Vorteil ist. Da keine flüchtigen organischen Verbindungen abgegeben werden, verringert sich außerdem die Belastung für Mensch und Umwelt während der Herstellung und Nutzung. Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann die erhöhte Beständigkeit gegenüber thermischen und mechanischen Einflüssen zu einer längeren Einsatzdauer führen, wodurch Wartungsaufwände reduziert werden können.

Insgesamt stellt die klebstofffreie Verbindungstechnologie eine technische Weiterentwicklung dar, die auf aktuelle Anforderungen in der Dichtungstechnik reagiert. Sie lässt sich in verschiedenen industriellen Anwendungen einsetzen, etwa in Rohrleitungssystemen, Pumpen, Flanschverbindungen oder Absperrklappen mit speziellen geometrischen Anforderungen. Die Verfügbarkeit von verlässlichen Prüfwerten für Leckage, Modulverhalten und Temperaturstabilität erlaubt eine belastbare Auslegung und Berechnung nach geltenden Normen. Damit bietet sich die Möglichkeit, bestehende Dichtungssysteme durch klebstofffreie Alternativen zu ersetzen, ohne dabei auf bewährte Leistungsmerkmale verzichten zu müssen.