Eine Herausforderung besteht darin, dass der Bohrkopf und die gesamte Antriebstechnik während der Bohraktivität nur sehr begrenzt überwacht werden können. Die Bedingungen mehrere Kilometer unter der Erdoberfläche sind alles andere als technologiefreundlich. Zudem gestaltet sich ein Austausch der Dichtungen bei Bohrtiefen von über 2.500 m äußerst schwierig. Bei der Verwendung von Richtbohrtechnik sind sogar Tiefen von 5.000 m erschließbar, und Rohrlängen von bis zu 11.000 m sind möglich. Ein Produktionsstopp unter diesen Bedingungen hätte fatale Folgen, da die Ausfallzeiten die Produktivität und Rentabilität erheblich beeinträchtigen. Die laufenden Plattform- und Crew-Kosten belaufen sich auf etwa 200.000 Euro pro Tag. Es können jedoch auch Kosten von bis zu 500.000 Euro täglich entstehen. Daher müssen die in diesen Extrembedingungen eingesetzten Komponenten äußerst zuverlässig arbeiten.
Elastomerdichtungen finden in verschiedenen Anwendungsbereichen Anwendung, darunter nicht nur in der Exploration, sondern auch im Transport, der Lagerung und Verarbeitung von Öl und Gas sowie in der nachgelagerten Produktion chemischer und petrochemischer Erzeugnisse. Diese Bereiche umfassen eine Vielzahl von technischen Bauteilen und -gruppen. Elastomerdichtungen spielen eine entscheidende Rolle sowohl in den Antriebsmotoren der Bohrköpfe als auch in Gasfiltern, Ventilen, Verrohrungen, Armaturen, Pumpen oder Kompressoren. Sie sind somit wesentliche, sicherheitsrelevante Komponenten in diesen Systemen.
Explosive Dekompression (AED oder RGD)
In diesen Anwendungsbereichen stehen viele Betreiber in der Gas- oder Chemieindustrie sowie Hersteller von Zulieferbauteilen oft vor Herausforderungen hinsichtlich Leckagen bei Elastomerdichtungen, insbesondere bei einem signifikanten Druckabfall im Gasmedium. Elastomerdichtungen müssen in solchen Fällen speziellen Anforderungen gerecht werden, wenn sie gasförmigen Medien bei Drücken von über 30 PN/30 bar und plötzlichem Druckabfall (innerhalb weniger Sekunden) ausgesetzt sind. In diesen Anwendungen dürfen nur Werkstoffe zum Einsatz kommen, die speziellen Tests standhalten.
Die Norm DIN EN 14141 für Erdgasleitungen schreibt vor, dass nichtmetallische Teile von Armaturen, einschließlich Elastomerdichtungen, gegenüber explosiver Dekompression beständig sein müssen. Dies betrifft verschiedene Komponenten wie Pumpen, Kompressoren, Rohrleitungen, Verbindungen, Armaturen oder Ventile.
Aufgrund der hohen Kräfte in solchen Anwendungen können herkömmliche Elastomerdichtungswerkstoffe nicht ausreichend widerstandsfähig sein. Daher kommen speziell konzipierte Elastomere wie AED- oder RGD-Dichtungswerkstoffe („Anti-Explosive-Decompression“ oder „Rapid Gas Decompression“) in diesen Anwendungen zum Einsatz. Diese Werkstoffe widerstehen den anspruchsvollen Bedingungen, und die Beständigkeit gegenüber Explosiver Dekompression kann durch Tests nach NORSOK M-710 Rev. 3 (Annex B) und/oder ISO 23936-2 nachgewiesen werden.