Die Gefahr lauert überall. Denn Brände gehören etwa in der Öl- und Gasindustrie zu den täglichen Risiken. Kommt es zu einem Notfall, wird Armaturen und Ventilen alles abverlangt. Um die bedrohliche Lage zu überstehen, müssen die Komponenten daher feuersicher sein. Alles andere wäre ein Spiel mit dem Feuer. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach Firesafe-Armaturen steigt.
Neben hoher Qualität und Langlebigkeit genießt die Sicherheit einer Armatur eine hohe Priorität, drohen doch im Ernstfall immense Verluste. „Vorwiegend werden Armaturen mit Firesafe in der Öl- und Gasindustrie verwendet, da hier die Gefahr eines Feuers groß ist“, erklärt Stefan Keller, Produkt-Manager bei AS Schneider. Feuergefahren lauern in jedem Schritt des Produktionsprozesses – bei der Förderung und dem Transport des Öls und Gases, aber auch in Raffinerien und bei der Lagerung. Die Auswirkungen könnten „verständlicherweise erheblich sein“, betont Keller.
Gefahr für Mensch und Material
Explosionen in Raffinerien oder auf Bohrinseln bedrohen Mensch und Material. So spielte ein defekter Blowout Preventer mit Sicherheitsventilen eine unrühmliche Rolle bei dem verheerenden Unglück auf der Bohrplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko. Weil die Ventile nicht funktionierten, flossen unkontrolliert 780 Millionen Liter Rohöl ins Meer und verursachten einen Schaden von mehreren Milliarden Dollar. Zudem starben elf Menschen und 600.000 Vögel verendeten.
Aber auch andere Branchen vertrauen auf Firesafe-Armaturen. Etwa die Petrochemie, bei der „Zu- und Abfüllprozessen von leicht entflammbaren Stoffen in Tanklagern“ üblich sind, erläutert Vetec Ventiltechnik. In kritischen Situationen müssen sich die Ventile mit ihrer Feuersicherheit bewähren. Und das vor dem Hintergrund, dass schnelle Befüllungszeiten einzuhalten sind. Vetec entwickelte daher ein Drehkegelventil mit einer doppel-exzentrischen Lagerung, bei der sich Kegel und Sitz während der Drehbewegung nicht berühren: Es können keine Rußpartikel dazwischen anhaften. „Das Gehäuse ist innen quasi totraumfrei, so dass keine störenden Rußablagerungen vorkommen“, so Vetec.
Einsatz bei hochentzündlichen Stoffen
Für die Chemieindustrie bieten Firesafe-Armaturen ebenfalls die dringend notwendige Sicherheit. So wirkt beispielsweise Ethylenoxid in Verbindung mit Luftsauerstoff hochentzündlich, berichtet Vetec. Im Notfall gehen die Firesafe-Armaturen für die Anlage durchs Feuer.
Die verwendeten Armaturen sollten aber nicht nur den Betrieb im Brandfall ausgelegt sein, sondern am besten firesafegeprüft sein. Also nicht nur ein „Firesafe-Design“ haben, sondern auch „Firesafe-Certified“ sein. Ein Fall für Firesafe-Prüfanlagen. Spezielle Prüfanlagen überlassen nichts dem Zufall und testen das Ventil auf Herz und Nieren. Zum Beispiel bei Amtec. Das Unternehmen entwickelte einen neuen Firesafe-Prüfstand. Mit ihm werden Armaturen nach den Normen API 6FA, API 607 und ISO 10497 bewertet. „Mit diesem Prüfstand können daher alle wichtigen Zulassungsprüfungen im Bereich der Feuerbeständigkeit durchgeführt werden“, sagt Manfred Schaaf von Amtec, Messtechnischer Service. Nicht nur das: Zusätzlich werden auf Wunsch benutzerdefinierte Abläufe erstellt und getestet. Hiermit sind Prüfungen für individuelle Anwendungen möglich.
Automatisierter Zündvorgang
Der Prüfstand von Amtec verfügt über automatische Versuchsabläufe ohne manuelles Eingreifen während der Befeuerung und Druckbeaufschlagung – zum Beispiel bei der Regelung von Temperatur und Druck. Der Zündvorgang ist automatisiert, die Brennerabschaltung nach Ablauf der Befeuerungsdauer ebenfalls. Laut Unternehmen werden eine bessere Wiederholgenauigkeit, eine geringere Streuung der Temperaturkurven zwischen den Versuchen und eine Einhaltung sämtlicher Normvorgaben erzielt. Benutzerdefinierte Abläufe werden konfiguriert. Und das bei erhöhter Sicherheit, so Amtec: Gehäuse und Brennkammer mit Blickfenster sind geschlossen, die Flamme wird kontrolliert, ein Überdruckventil sorgt für zusätzliche Sicherheit, die Temperatur des Gehäuses überwacht, einschließlich automatischer Kühleinrichtung. Der Prüfstand ist mit einer Notaus-Funktion mit Brenner- und Pumpenabschaltung ausgestattet.
30 Minuten unter Feuer
Die Belastungen, denen die Armatur im Prüfstand standhalten muss, sind auch von der geforderten Prüfnorm abhängig. Zu den wesentlichen Kriterien gehören aber diese: Die Armatur muss einem Innendruck standhalten – abhängig von Norm, Armaturengröße und Typ. Als Medium wird Wasser eingesetzt. Die Befeuerung dauert 30 Minuten, wobei die Flammentemperatur bis zu 1000 °C und die Gehäusetemperatur 600 °C beträgt. Anschließend wird die Armatur mit Wasser auf 100 °C innerhalb von zehn Minuten abgekühlt, wobei auch eine Abkühlung abhängig von der Norm an Luft möglich ist. Wesentlich ist natürlich die „Einhaltung der normabhängigen Leckagerate“, unterstreicht Manfred Schaaf von Amtec. Als kritische Stellen gelten Packung, Gehäusedichtung und Sitz. Erfüllt die Armatur die in den Normen definierten Leckagekriterien, erhält das Produkt ein Zertifikat: geprüft firesafe!
Prüfstände weiterentwickelt
Stillstand darf es beim Thema Sicherheit nicht geben. „Durch geänderte Prüfanforderungen werden immer wieder Modifikationen der Prüfstände erforderlich“, sagt Manfred Schaaf von Amtec. Investitionen seien daher stets notwendig: Erst kürzlich nahm das Unternehmen auch eine Prüfeinrichtung für Tieftemperaturanwendungen in Betrieb.
Amtec baute den lukrativen Bereich der Prüfstände kontinuierlich aus. Es stehen mittlerweile unterschiedliche Prüfeinrichtungen für die Untersuchung von Dichtungen, Stopfbuchspackungen und Armaturen bereit. Die Entwicklung des Firesafe-Prüfstandes wurde übrigens im Rahmen eines vom deutschen Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes realisiert.
Ein Projekt mit einer Schubkraft für Deutschland. Denn es gab zwar schon früher einzelne Prüfstände bei verschiedenen Prüfinstituten in Europa, die wichtigste Adresse für alle Firesafe-Zulassungen war aber bisher eine Prüfstelle in den USA. „Mit dem von uns entwickelten Prüfstand können die Zulassungsprüfungen nun aber auch hier in Deutschland durchgeführt werden“, so Manfred Schaaf. „Eine oftmals gewünschte Teilnahme des Armaturenherstellers oder dessen Kunden bei der Prüfung wird damit relativ einfach ermöglicht.“
Leckagefrei und schließbar
Gemeistert haben die Belastungsproben in einem Prüfstand beispielsweise die Ventile und Ventilblöcke des E-Programms von AS Schneider. Die geprüften Armaturen zeigten nicht nur eine Leckagefreiheit, sondern ließen sich selbst nach extremen Testbedingungen noch vollständig betätigen sowie problemlos mehrmals öffnen und schließen. Ein weiteres Beispiel bieten Hochleistungskugelhähne von Hartmann Valves. Sie können bei Temperaturen von -200 bis +550 °C, Druckstufen bis 700 bar und aggressiven Medien eingesetzt werden. Die rein metallische Abdichtung zwischen Kugel und Sitzring erfüllt eine Leckagerate von A bzw. 0. Hier sorgen spezielle Konstruktionsmerkmale und sicherheitsgerichtete Funktionen wie DBB (Double Block and Bleed), DIB (Double Isolation and Bleed) und Firesafe für zusätzliche Sicherheit. Sicherheit, die auch notwendig ist, kommen die Kugelhahnarmaturen doch bei Erdöl, Erdgas, Sauergas, Sole sowie Sauer- oder Wasserstoff, Wasserdampf, Thermalwasser und abrasiven bzw. entfettenden Medien zum Einsatz.
Unter 100 °C abgeschreckt
Ebro unterzog seine HP-300-Armaturen intensiven Firesafe-Tests nach ISO 10497. Für den Test wurden die Armaturen unter Wasserdruck gesetzt. Die ISO verlangt 75 Prozent des Betriebsdrucks. „Die HP 300 wurde mit einem Betriebsdruck von 37,5 bar beaufschlagt“, so Ebro. Anschließend wurde die Armatur mit Propangasbrennern befeuert, wobei die Temperaturen zwischen 650 und 1.000 °C erreichten. Eine Bedingung, die über 30 Minuten aufrechterhalten wurde, gefolgt von einer ersten Dichtheitsprüfung. „Im Anschluss wurde die Armatur auf eine Temperatur von unter 100 °C abgeschreckt und die zweite Dichtheitsprüfung durchgeführt.“
Testgegenstand waren bei Ebro die Nennweiten DN 80 und DN 200 in zwei verschiedenen Werkstoffen – Cr-Ni-Stahl 1.4408 und C-Stahl 1.0619 – mit jeweils einem Vollmetall- und Lamellendichtring. „Die Tests wurden ohne Beanstandung erfolgreich absolviert.“ Mission geglückt.
Festigkeit des Werkstoffes
Aber was erhöht die Chancen von Armaturen, sich als feuersicher zu bewähren? Bei der Wahl des Werkstoffes ist die Festigkeit wichtig, vor allem bei hohen Temperaturen. „Aber nicht nur der Werkstoff des Armaturengehäuses ist von Bedeutung, auch der Werkstoff der verwendeten Schrauben und selbstverständlich der Dichtungswerkstoff beeinflussen das Versuchsergebnis wesentlich“, so Schaaf. Nur so kann die Armatur die Feuerprobe bestehen und nicht ins Feuer der Kritik geraten.
Die Praxis bei AS Schneider zeigt: „Firesafe-Ventile werden aus allen gängigen Werkstoffen nachfragt“, berichtet Produkt-Manager Stefan Keller. Da aber für verschiedene Werkstoffgruppen auch separate Zulassungen gemacht werden müssten, „sind exotische Werkstoffe eher selten.“ Gängig und bewährt sind bei Armaturen in der Öl- und Gasindustrie Carbon-Stahl und Edelstahl.
Kugelhähne für Power-to-Gas
Auch bei speziellen Projekten wie Power-to-Gas-Anlagen punkten Armaturenhersteller mit Firesafe-Produkten. Bei der Anlage „WindGas Falkenhagen“ der Eon Gas Storage GmbH werden sie erfolgreich eingesetzt. Für diese deutsche Demonstrationsanlage im Bundesland Brandenburg lieferte Hartmann Valves 24 metallisch dichtende Kugelhähne, die für die hohen Anforderungen von reinem Wasserstoff ausgelegt sind und ein Maximum an Sicherheit bieten. Power-to-Gas ist ein Verfahren zur Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energien in chemische Energie. Die Technologie soll helfen, die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien dem Verbrauch anzupassen, Netzengpässe und Einspeisemanagement zu vermeiden.
Firesafe als Gütesiegel
Firesafe ist längst zu einem Gütesiegel geworden, auf die Unternehmen einiger Branchen nicht mehr verzichten wollen und mitunter auch nicht dürfen. „Alle neuen Produkte, welche in den betroffenen Industriebereichen eingesetzt werden können, werden bei uns grundlegend nach Firesafe geprüft und zugelassen, so Keller. Zwar sei die Nachfrage auch abhängig vom Ölpreis, sie sei jedoch „tendenziell weiter steigend“. Der Feuereifer der Kunden wächst also. Zu sehen sind Innovationen aus diesen Bereichen auf der Weltleitmesse für Industriearmaturen, Valve World Expo, vom 27. bis 29.11.2018 auf dem Düsseldorfer Messegelände.