Schiffbau ist reif für den Kurswechsel

Die Schifffahrt – und damit auch der Schiffbau – ist eine bedeutende Branche. „Sie transportiert heute rund 90 Prozent aller Güter weltweit“, erläutert der VDR. Nun ist sie gefordert, die maritime Energiewende zu stemmen. Eine Mammutaufgabe, denn in Europa gibt es etwa 10.000 Seeschiffe und 15.000 Binnenschiffe, die zu modernisieren oder neuzubauen sind. Weltweit sind mehr als 100.000 Handels- und 25.000 Marineschiffe im Einsatz.

LNG löst Schiffsdiesel ab
Die Kurskorrektur ist einschneidend: Nachdem bisher Schiffsdiesel und Schweröl den Schiffsantriebsmarkt bestimmen, wird zunächst LNG die konventionellen Treibstoffe kontinuierlich verdrängen – auch forciert durch die geänderte geopolitische Lage. „Viele europäische Länder, die vor Russlands Krieg gegen die Ukraine russisches Pipelinegas importiert haben, haben 2022 verstärkt auf Flüssiggas umgestellt“, erläutert Germany Trade & Invest (GTAI). Das habe zu mehr Bestellungen von Tankern zum Transport von LNG geführt. Beispiel Südkorea, die Nummer 2 hinter China: Von den neuen Aufträgen bei südkoreanischen Werften wurde 2022 laut GTAI der Großteil bereits mit umweltfreundlicheren Antrieben bestellt.

Zunächst wird das umweltfreundlichere LNG verstärkt als Schiffstreibstoff eingesetzt. Denn die Verwendung von Flüssigerdgas als Treibstoff hat laut Herose erhebliche Umweltvorteile: „geringe Emissionen von Kohlen- und Schwefeldioxid sowie Stickoxiden“. Für die Installation auf Schiffen bietet das Unternehmen zahlreiche Ventile, bei denen auch die wichtigen Anforderungen an die Feuersicherheit erfüllt sind.

Neue Herausforderungen durch LNG
„An Bord von Seeschiffen sind Armaturen ein wichtiger Bestandteil der LNG-Systeme“, betont der VDR. Es werden Ventile zur Zwischenlüftung und zur Entlüftung des Leitungsstranges zum Motor benötigt. Sie müssen zum Teil unter extremen Umgebungsbedingungen funktionieren, etwa bei sehr niedrigen Temperaturen, und müssen feuersicher sein.

Auf Kreuzfahrtschiffen vertrauen Tausende Urlauber auf eine Verlässlichkeit der Motoren. Einen entscheidenden Beitrag hierzu leisten beispielsweise Ventile von müller co-ax – sowohl im Sicherheitskonzept als auch in der Peripherie der Motoren. Erst kurz vor dem Verbrauch wird das LNG erwärmt und in einen gasförmigen Aggregatszustand gebracht, um den Motor mit Erdgas zu versorgen. „Beim Einsatz von Gas sind ganz besonders strenge Richtlinien einzuhalten“, unterstreicht müller co-ax. Die Leitungssysteme müssen regelmäßig gespült und kontrolliert werden. Für diese und weitere Anwendungen am Schiffsmotor kommen die direktgesteuerten Magnetventile von müller co-ax zum Einsatz.

Das Erdgas wird bei einer Temperatur von ca. -162°C flüssig – „das heißt, auch unser Ventil muss bei diesen Tieftemperaturen einwandfrei funktionieren“, erläutert müller co-ax. Zudem werden hohe Anforderungen an die Sicherheit gestellt – wenn das LNG verdampft, entsteht ein explosives Gas.

Schiffbau essentiell für die Energiewende
LNG-Antriebe bewähren sich bereits seit einigen Jahren – 2018 verbaute sie die Meyer Werft erstmals serienreif in einem Kreuzfahrtschiff, und weltweit wird die LNG-Flotte immer größer. Auch Containerschiffe werden zunehmend umgerüstet, wie der deutsche Verband „Maritime Plattform“ berichtet. Ein Wachstum ist außerdem beim Schiffbau für Offshore-Windenergie zu erwarten – Errichterschiffe und Kabellegeschiffe werden auf See für die Energiewende dringend benötigt. Umweltthemen – und auch Soziales – werden laut VDMA zunehmend ein Wettbewerbsvorteil in den Schiffbau- und Offshore-Zulieferbranchen.

Beispiel Deutschland, das die Energiewende stemmen möchte. „Ohne die Mitwirkung des Schiffbaus sind die Ausbauziele nicht zu erreichen“, erklärt der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Der Offshore-Boom sei für den Schiffbau eine große Chance. Aktuell sind die meisten LNG-betriebenen Schiffe LNG-Tanker zum Transport von Flüssigerdgas. Sie nutzen die Ladung als Treibstoff, da ein geringer Teil der Ladung ständig verdampft.

Ventiltechnik entscheidend für Effizienz
Neben Ventilen für den Antrieb werden Armaturen für LNG-Terminals benötigt, die wiederum für die Betankung der LNG-Schiffe entscheidend sind. Hierzu sind Lösungen für die Entladung, Lagerung und Regasifizierung erforderlich. So entwickelt Emerson automatisierte Ventile für den kryogenen Einsatz, „die eine sichere, leckagefreie Absperrung bei anspruchsvollen Entladevorgängen, einschließlich Isolierung, Durchflussregelung und Notabschaltung bieten“. Sicherheitsventile unterstützen dabei, Überdruckschäden an LNG-Tanks, den Verlust von Erdgas und die Wartungskosten zu reduzieren. Die Wahl der Ventiltechnik hat einen großen Einfluss auf die Anlagensicherheit, Effizienz, Zuverlässigkeit und damit Wirtschaftlichkeit. Daher hat Emerson spezifische Lösungen für den LNG-Sektor entwickelt.

An Bord lassen sich Armaturen in vielen weiteren Anwendungen finden, unter anderem bei Frischwasser, Heißwasser, Kühlwasser und Prozesswasser sowie beim Brandschutz. Klimatechnik, Raumheizungen, Küchen und Schwimmbecken benötigen Ventile. Absperrklappen von Somas werden beispielsweise auf Produkten- und Chemikalientankern in Rohrleitungen der Schiffe eingesetzt, um unterschiedliche Ladungen während des Transports voneinander getrennt zu halten. Kugelhähne werden für die Dichtheitskontrolle genutzt.

Ökologischere Treibstoffe im Fokus
Die Schiffbaubranche hat bereits für die Zeit nach dem fossilen LNG alternative Treibstoffe im Blick. Offen ist, welcher Treibstoff – vermutlich ab dem nächsten Jahrzehnt – vorherrschen wird. Die Zukunft könnte Ammoniak, Wasserstoff, grünem Methanol und synthetischem Diesel gehören. Entsprechend müssen Armaturen und Antriebe ausgelegt und digital werden, da bei diesen Treibstoffen zum Beispiel unterschiedliche Temperaturen zu handhaben sind.

Noch sind diese alternativen Treibstoffe eher Vision als greifbare Realität, denn die Logistik ist noch zu errichten. Investitionen in die Produktion und den Umschlag von Wasserstoff in Europa sowie die Versorgung der Schifffahrt mit Ammoniak und Methanol sind erforderlich, erklärt der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe. Für den Markthochlauf zu wettbewerbsfähigen Konditionen wird laut VDR ein globaler Rechtsrahmen benötigt, „der Energie- und Treibstofflieferanten und auch der Schifffahrtsindustrie die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit bietet“. Notwendig ist etwa eine Gesetzgebung auf EU-Ebene.

In den nächsten Jahren erfährt die Schiffbaubranche also einen massiven Wandel, unterstützt durch die Armaturenbranche. Aber das sollte sie geregelt bekommen…

Trends und Highlights aus den Industriebereichen Armaturen und Ventile sind auf der VALVE WORLD EXPO vom 3. bis 5. Dezember 2024 in Düsseldorf zu erleben. Aktuelle Branchen- und Produktinformationen befinden sich im Internetportal unter www.valveworldexpo.de.